Ein inspirierender Ort für die Wissenschaft

So ganz haben die Görlitzer CASUS vielleicht noch nicht wahrgenommen. Oder aber sie bleiben einfach wieder mal gelassen. Wie bei den vielen Hollywood-Berühmtheiten, die gerne betonen, wie wohltuend unaufgeregt die Leute in Görlitz sind, wenn bekannte Schauspieler unbelästigt durch die Straßen spazieren. Das Wissenschaftsinstitut CASUS jedenfalls ist seit einigen Monaten mitten in der Görlitzer Altstadt gelandet, wird einmal eine bedeutende Rolle beim Verständnis für den globalen Wandel haben und fühlt sich an der Neiße offenbar gut angekommen.
 
Diesen Eindruck machen nicht nur unsere Gesprächspartner Weronika Mazur und Michael Bussmann. Sie, aus dem benachbarten Zgorzelec stammend, leitet das internationale Büro des „Center for Advanced Systems Understanding“, wie das CASUS-Institut sein breites Spektrum zusammenfasst. Er, aus Bielefeld, (das, wie er lachend betont, tatsächlich existiert) ist der Gründungsbeauftragte für den wissenschaftlichen Aufbau. Wir treffen die beiden in Begleitung der sympathischen Mitarbeiterin für die Öffentlichkeitsarbeit, Luise Träger, in einem der wunderbar sanierten Häuser am Görlitzer Untermarkt.
 
Herr Dr. Bussmann, waren Sie heute schon vor der Tür?
 
Ja. Selbstverständlich. Wir alle hier lieben es, ein paar Schritte auf den tollen Untermarkt zu machen, das Treiben in den Cafés zu beobachten und freuen uns über die vielen staunenden Touristen. Die meisten Wissenschaftsstandorte, an denen ich in meinem Leben geforscht habe, liegen weit außerhalb der Stadtzentren, aus Kosten- und Kapazitätsgründen. Wenn man da aus dem Fenster schaut, sieht man Forschungs- und Verwaltungsgebäude, meistens pragmatisch konstruiert, manchmal futuristisch, aber nur höchst selten historisch. Hier in Görlitz dagegen kann man die Geschichte ja mit den Händen greifen. Das mag ich sehr.
 
Frau Mazur, ist es nicht schwierig, international denkende Wissenschaftler für das vergleichsweise kleine Görlitz zu begeistern? Sie stehen mit dem Aufwuchs auf 100 Mitarbeiter bis zum Jahr 2023 da ja vor einer großen Herausforderung.
 
Wir sind zuversichtlich, dass uns das gelingen wird. Grundsätzlich agieren wir nach draußen mit der Besonderheit der deutsch-polnischen Doppelstadt. Das ist schon etwas Einmaliges und übt seinen Reiz aus. Aus größerer Entfernung, wenn man aus Indien oder den USA auf uns schaut, bilden wir die perfekte Mitte zwischen Dresden und Wroclaw/Breslau. Für Weltbürger sind auch die Entfernungen zu den umliegenden Flughäfen wie Prag, Berlin und Leipzig ganz gewöhnliche Strecken. Wo sie in New York stundenlang zwischen Betonriesen im Stau stehen, brausen sie hier ungehindert durch eine traumhafte Landschaft.
 
Fehlt den Menschen aus den Metropolen denn hier nicht das quirlige urbane Leben?
 
Weronika Mazur: Die relative Ruhe wird eher als Vorteil wahrgenommen, als Mangel an Ablenkung. Von der Fußläufigkeit in Görlitz/Zgorzelec sind viele regelrecht begeistert. Auch die Vereinbarkeit von Arbeit und Familienleben durch die sehr guten Kita-Angebote sind ein Vorteil, der in vielen anderen Ländern so nicht besteht. Um die besten Leute zu gewinnen, muss man heute mehr bieten als eine interessante Arbeit. Das Ambiente wird immer wichtiger. Davon hat die Region ja wirklich viel zu bieten.
 
Michael Bussmann (lacht): Und außerdem sind wir ja Nerds und keine Tanzbären. Nein, im Ernst, uns fehlt hier nichts, wir fühlen uns wohl. Die internationale Vernetzung spielt sich ja in hohem Maße digital ab. Wir waren schon vor Corona gut trainiert im Abhalten von Videokonferenzen. Wo der Megabildschirm steht, vor dem wir uns versammeln, spielt dabei keine Rolle mehr.
 
Kann denn Görlitz, kann die Region von der CASUS-Ansiedelung profitieren, jenseits der Arbeitsplätze, die entstehen?
 
Weronika Mazur: Das hoffen wir sehr. Wir verstehen uns ja auch als lokale Institution. Wir würden uns freuen, wenn es uns gelingt, die Lust auf Sprachen, auf Internationalität, die Offenheit für andere Kulturen ein Stück weit in die Stadt zu tragen. Andersherum ist es jedenfalls schon so. Die neuen Kollegen aus anderen Ländern melden sich für Deutschkurse an, sind neugierig, die deutsch-polnische Doppelstadt kennen zu lernen, machen sich auf eigene Faust auf Erkundungstouren.
 
Michael Bussmann: Wissenschaft braucht einen inspirierenden Ort. Görlitz ist das für uns.

 

Am Wissenschafts-Institut CASUS werden datenintensive Computermodelle entwickelt, die es ermöglichen, die Auswirkungen des globalen Wandels in ihren komplexen Wechselwirkungen zu untersuchen. Casus wird Prognosen für ganze Ökosysteme für die nächsten 50 bis 100 Jahre liefern.

 

Interview: Axel Krüger
Bild/Video: Paul Glaser

 

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